Lerntherapie Dr. Dina Beneken

Sollen wir in den Ferien lernen?

von | Jul 15, 2021 | Lernen, Grundschule, Motivation

Lernen in den Ferien- sollen wir, müssen wir, dürfen wir es sein lassen? In diesem Artikel gehe ich darauf ein, was dafür bzw. dagegen spricht und wie Du einen guten Weg für Dein Kind finden kannst.

Lernen in den Ferien – kann man denn überhaupt „nicht lernen“?

Nö. Wir alle lernen immer und überall. Das Gehirn ist zum Lernen gemacht. Es ist quasi ein Job, der sich nicht ausschalten lässt. Das Herz macht ja auch nicht mal ein paar Wochen Pause und keiner käme auf die Idee, seinen Körper in den Ferien mal besonders zu schonen. Damit könnten wir also schon die Frage abschließend beantworten: selbstverständlich wird Dein Kind in den Ferien etwas lernen :), egal ob Du das bewusst steuerst oder nicht.

„Lernen“ als Ausdruck für „am Tisch sitzen“ bzw. „schulische Inhalte pauken“

Besonders in meinem beruflichen Alltag erlebe ich es immer wieder: Als „Lernen“ wird etwas empfunden, bei dem das Kind am Tisch sitzt und dabei ein Arbeitsheft oder -Blatt mehr oder weniger abarbeitet. Lernen wird als lästige Pflicht empfunden.

Sollte man das in den Ferien machen? Nein.
Sollte man das außerhalb der Ferien machen? Nein.

Lernen ist so viel mehr als Arbeitsblätter, Arbeitshefte und stumpfes Wiederholen. Man kann sich dem Lernen ja gar nicht entziehen. Selbst wenn man am Strand in der Sonne liegt und dem Wind lauscht, ist das Gehirn in Dauerbewegung.

„Wir lernen nicht, wir lesen nur.“

Neulich in der SBahn wurde ich Zeuge eines Gespräches zwischen zwei Müttern.
„In den Ferien lernen wir nicht. Meine Tochter liest nur jeden Tag ein bisschen. Sie ist sonst einfach zu weit hintendran mit dem Lesen für die dritte Klasse.“

Interessant. Lesen ist nicht „lernen“? Wieso sieht die Mutter das so?

Weil sie weiß, das Lesen eine sehr wichtige Grundkompetenz ist? Weil sie ihrer Tochter das Lesen üben entsprechend schmackhaft machen kann? Weil sie selbst gerne liest und es für sie selbstverständlich ist, dass Kinder das üben?

Lernen ist, wenn es anstrengend wird !?

Es scheint, als ob die anstrengende Variante des Lernens (lästiges Nachholen, bearbeiten von ungeliebten Aufgaben mit ungeliebten Formaten) verpönt ist, während die scheinbar mühelose Variante (selbstbestimmt, scheinbar nebenbei, spaßgesteuert) völlig ok bzw. sogar erwünscht ist.

Dabei vergessen wir, dass wir uns auch in der spaßgesteuerten Variante anstrengen müssen. Irgendwann kommt man immer an einen Punkt, an dem es Überwindung kostet. Wenn wir wandern, werden wir müde, der Gipfel ist weit, aber aufgeben ist keine Option. Die Muskeln wachsen. Immer, wenn es anstrengend wird, sind wir an dem Punkt, an dem Lernen beginnt.

Die Einstellung macht den Unterschied

Wenn der Sommerurlaub vor der Türe steht und es ans Wasser geht, sind viele Eltern beharrlich, wenn es um die Schwimmfähigkeiten der Kinder geht. Es ist wichtig, dass das Kind sicher schwimmen kann, bevor es in den Pool springt, dass es sich lange genug im Wasser aufhalten kann, bevor es auf das Surfbrett steigt.

Der Schwimmkurs wird durchgehalten, und auch das ist „extra üben“, erlernen einer Fähigkeit, nicht immer aus reinem Spaß an der Freude, sondern aus einer Notwendigkeit heraus. Und genau da liegt die Antwort auf die Frage „sollen wir auch in den Ferien lernen?“ vergraben: Ist es notwendig und wenn ja, kannst Du/ Dein Kind es leisten?

Fragen, die Dir helfen, eine Antwort zu finden:

  • Was passiert, wenn ihr in den Ferien (nicht) übt? Was ist die Konsequenz?
  • Macht es einen Unterschied für Dein Kind, ob ihr übt oder nicht?
  • Sieht Dein Kind/ siehst Du eine Notwendigkeit?
  • Hast Du die Ressourcen, mit Deinem Kind zu üben?
  • Hat Dein Kind die Ressourcen zu üben?

Allgemeine Grundsätze, die Lernen erfolgreich machen (auch in den Ferien 🙂 ) findest Du in diesem Blogartikel.

Also was nun – sollen wir in den Ferien lernen?

Ein Satz vorweg: Es gibt keine Lernpolizei. Wenn Du aus diesem Artikel nur einen Satz mitnimmst, bitte diesen: Tu, was Du für richtig hältst.

Dein Kind, Deine Einschätzung, Deine Familie, Deine Regeln.

Wer die Frage nach Lernen in den Ferien stellt, ist aber häufig viel eher an diesem Punkt: Wenn mein Kind während der Schulzeit völlig überfordert ist und einfach nichts nachholen kann, ist es dann nicht besser, ich übe mit ihm entspannt während der Ferienzeit?

Schluss mit Stress am Hausaufgabentisch – komm in die Community für Eltern, die mit ihren Kindern in Klasse 1 – 6 lernen.
  • In der Lernkompetenz-Community begleite ich Dich dabei, Dein Kind beim Erwerb der Grundkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen und Denken optimal zu fördern.

Manchmal ist es sinnvoll, Lücken in den Ferien zu füllen

Kinder, die in der Schule größere Schwierigkeiten haben, haben in den Ferien oft eine einmalige Chance: Ohne Druck und ohne sonstige Verpflichtungen den Stoff aufzuholen, den sie verpasst haben. In ihrem Tempo, und vielleicht endlich mal mit anderen Methoden als Arbeitsblättern.

Ferien bieten die Chance, dort anzusetzen, wo das Kind steht und durch intensives trainieren Erfolgserlebnisse zu ermöglichen, die sonst so schnell nicht möglich wären.

Auf Bäume klettern darf man trotzdem – oder sogar währenddessen?

Warum nicht im Baumhaus Lesen üben, Mathe im Freibad oder Schreiben am Strand? Aber nicht in die Falle tappen, ständig jede Gelegenheit beim Schopfe zu packen. Viele Kinder sind durchaus Fans der klar abgesteckten Lernzeiten. Für Dich ist das auch hilfreich, weil Du den Task abhaken kannst. Wer will denn schon an jeder Supermarktkasse nochmal fix das 1*1 üben. Siehste.

Unbedingt zu beachten beim Lernen (nicht nur in den Ferien)

Das Lernen in den Ferien gelingt, wenn:

🌊 die Regeln klar sind
🌊 klare Zeiten festgelegt werden (maximal 30 Minuten) ODER
🌊 „unthematisiertes Lernen“ durch Spiele, Museumsbesuche… stattfindet
🌊 das Kind mitentscheiden kann und
🌊 klar ist, warum welches Thema bearbeitet wird.
🌊 der Hauptteil des Tages frei ist und bleibt.
🌊 kein Leistungsdruck ausgeübt wird

Ein bewährtes Rezept zum Lernen in den Ferien

Es hat sich bewährt, von 6 Wochen Sommerferien ca. 2-3 komplett „schulfrei“ zu gestalten.

In den anderen 2-3 Wochen spricht nichts dagegen, gezielt und wohldosiert (15-30 Minuten am Tag) zu üben.

Eine Sache der eigenen Einstellung

Welche Einstellung hast Du selbst zum Thema „Lernen“? Wie würdest Du Dir wünschen, dass Dein Kind lernen darf? Wäre es nicht ein guter Zeitpunkt, Deinem Kind solche Lernerfahrungen zu ermöglichen?
Was denkst Du, hört Dein Kind, wenn Du ihm sagst dass es „nicht lernen muss, sondern Spaß haben darf“? Was wird das Kind denken, wie Du zum Lernen stehst? Welche Einstellung möchtest Du Deinem Kind vermitteln?

5 +1 Tipp zum „anders lernen“ – nicht nur in den Ferien 🙂

Anders lernen ist oft schon mit ganz einfachen Ideen machbar.

  • Weg vom Schreibtisch, hin zum Bodentisch, Stehtisch, Küchentisch.
  • Raus aus dem Haus, rein den Garten, oder auf den Balkon.
  • Weg vom Arbeitsblatt, hin zum Spiel.
  • Nicht mehr sitzen, dafür rennen, hüpfen, springen.
  • Raus aus der Theorie, rein in die Praxis: Museum, Kochen/ Backen, Einkaufen…
  • Weg vom Lesen, hin zum Hören und Sehen: unterschiedliche Kanäle garnieren das Lernen.

Weiterführende Artikel auf diesem Blog

Gezielt Lernen mit Spielen? Aber klar doch. Wie das geht, erfährst Du hier.

Einen motivierenden Lernplan erstellen

Ideen zur Lernmotivation

Hier kannst Du lesen, wie Kinder das Lesen lernen.

Wenn Dir Fragen zu Rechenschwierigkeiten auf der Seele liegen, gibt es hier mehr Informationen.

Interessant ist auch, wie schnell ein Kind eigentlich lesen sollte und warum das so ist. 

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