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Wie lernen Kinder lesen? Teil 1: Buchstaben bis Wort
Hilfe, mein Kind ist noch im Kindergarten und interessiert sich für Buchstaben! Was soll ich machen?
Mein Kind ist in der Schule, aber das Lesen geht nicht so recht voran?
Wie bringe ich meinem Kind das Lesen bei?
Was hat das mit der Anlauttabelle auf sich – ist das sinnvoll?
Diese und viele andere Fragen stellen sich Eltern, wenn ihre Kinder mit dem Lesen anfangen.
(Originalbeitrag 19.06.2019, überarbeitet 26.09.2021)
Wann beginnt eigentlich der Leselernprozess?
Der Leselernprozess beginnt bereits vor dem Kindergartenalter – sobald Kinder Buchstaben und Symbole entdecken. Es ist überhaupt nicht ungewöhnlich, wenn bereits 3 jährige Kinder nach den Buchstaben fragen. Sollst Du Dein Kind unterstützen, wenn es fragt? Klar. Wer fragt, bekommt Antworten. Hier erfährst Du, wie Du sinnvolle Angebote machen kannst.
Lesen lernt Dein Kind stufenweise
Lesen lernen ist ein Prozess der, ähnlich wie Mathematik, stufenweise aufgebaut ist. Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Grundlagen – der Frage, wie Dein Kind eigentlich vom ersten Buchstaben bis zum ersten Wort Lesen lernt. Ich gebe Dir auch Tipps, wie Du Dein Kind, abhängig von seiner Lesestufe, effektiv unterstützen kannst.
Grundsätzlich: Wie lernen Kinder Lesen?
Es gibt mehrere wissenschaftliche Modelle zum Leselernprozess. Ich beziehe mich hier auf das Modell von Renate Valtin[1].
In diesem Artikel geht es um den Aufbau der grundlegenden Lesefertigkeit, also der Fähigkeit, aus Buchstaben Wörter zu bilden.
Lesen und Schreiben sind oft eng miteinander verzahnt. In diesem Artikel bleiben wir beim reinen Lesenlernen und wie Du Dein Kind, auch wenn es schon in der Schule ist, dabei unterstützen kannst.
Welchen Weg geht Dein Kind also, um ganz grundlegend das Lesen zu lernen?
Stufe 1: Nachahmen
Das Lesen lernen beginnt bereits mit dem „so tun als ob“ Vorlesen: Wenn Dein Kind seinem Kuscheltier ein Buch „vorliest“, auch wenn das Buch dabei kopfüber gehalten wird. Es kann auch sein, dass Dein Kind Dir „Briefe“ schreibt mit Wellenlinien, die eine Schrift darstellen sollen.
In dieser Stufe passiert etwas wichtiges: Nach und nach lernt das Kind, dass Bilder den Text illustrieren und wie ein Buch technisch gelesen wird: die Leserichtung (von vorne nach hinten, oben nach unten und links nach rechts).
Was kannst Du tun, um deinem Kind das Lesen schmackhaft zu machen?
📗 Vorlesen
📗 Das Kind im Buch Bilder beschreiben lassen (was siehst Du?)
📗 Beim Lesen den Finger mitbewegen (so lernt das Kind, dass Du Dir das nicht ausdenkst, sondern Wort für Wort vorliest)
📗 Spannende Bücher zu interessanten Themen anbieten
📗 Die Bücherei besuchen und eigene Bücher ausleihen lassen
Stufe 2: Buchstabenkenntnis anhand figurativer (bildlicher) Merkmale
Auf dieser Stufe erkennt Dein Kind Buchstaben und Wörter als Bilder. Beispielsweise liest es Markennamen oder erkennt den Laden, in dem ihr einkauft, am Schild.
Sehr schnell erkennt Dein Kind auch seinen Namen wieder, auch das ist eine Speicherung des Wortbildes.
Im Kindergarten beginnt Dein Kind seinen Namen zu schreiben. Das ist zu Beginn kein Zusammensetzen von Buchstaben zu einem Wort, sondern gleicht eher dem Malen eines Logos.
Kinder lernen oft schubweise und die Lernfenster sind unterschiedlich lang „offen“. Ich kenne ein Kind, das mit 3 Jahren ein paar Wochen lang alle paar Tage seiner Buchstabenkiste holte und wissen wollte, wie die Buchstaben heißen. Danach konnte es einen Großteil des Großbuchstabenalphabets, hat sich dann aber ca. 1 Jahr nicht weiter interessiert. Verlernt hat es praktisch nichts, sondern mit ca. 4 einfach dort weitergemacht, wo das Kind damals aufhörte.
Stufe 3: Benennung von Lautelementen
In dieser Phase lernen die Kinder die Laut-Buchstabenzuordnung (Laute zu Buchstaben – Graphem-Phonem Zuordnung -. Ein Graphem ist der Buchstabe „A“, das Phonem der Klang dazu).
In der deutschen Sprache gibt es mehr Phoneme als Grapheme – beispielsweise wird ein „E“ unterschiedlich ausgesprochen, je nachdem an welcher Stelle im Wort es steht. Vertiefende Literatur dazu gibt es beim ISB von Dorothea und Günther Thomé.
Buchstaben zum Legen
Wenn Du mit Legematerial beginnen möchtest, aber nicht slbst basteln willst, kannst Du die Buchstaben auch kaufen. Achte darauf, dass auch Kleinbuchstaben im Satz enthalten sind. Gute Materialien bietet der Jahndorf-Verlag. Dort kannst Du Dir einiges Material herunterladen. Das macht Sinn ungefähr ab Vorschulalter, weil die Kinder dann in der Schule auch mit ähnlichem Material in Berührung kommen.
Lauttabelle ja oder nein?
Viele Kinder lernen in der Grundschule mit sogenannten Lauttabellen. Das Prinzip dahinter ist, dass das Kind gleichzeitig Lesen und Schreiben lernen kann.
Meiner Meinung nach ist die Lauttabelle für den reinen Leseerwerb absolut ungeeignet. Um Lesen zu können, muss Dein Kind die Buchstaben aus dem Gedächtnis abrufen können. Deswegen brauchst Du, wenn es um das Lesen geht, keine Lauttabelle.
Kinder, die noch nicht in der Schule sind, lernen sowieso mit einem Erwachsenen oder älteren Kind gemeinsam. Sie hören, wie Laute ausgesprochen werden, und können in aller Ruhe nach ihrem Tempo vorgehen. Wenn dann eine Lauttabelle richtig vorgelesen wird, schadet sie nicht und ist ein zusätzliches Element, um die Buchstaben zu lernen.
Ist Dein Kind schon in der Schule und hat Schwierigkeiten mit dem Lesen, ist es umso wichtiger, dass es die Buchstaben-Laut Zuordnungen verinnerlicht. Wenn es um das Automatisieren, also das schnelle Abrufen von Inhalten, hier der Laute, geht, halte ich die Lauttabelle für ungeeignet.
(Und bitte, nennt die Dinge von Anfang an beim Namen. Es sind Vokale, keine Könige, Kapitäne oder Leuchtbuchstaben. Himmel. Bitte!!!)
(Randbemerkung: Wenn Dein Kind mit der Lauttabelle arbeitet, achte unbedingt beim Schreiben von Anfang an auf die richtige Linienführung. Eine falsche Schreibweise wieder umzulernen ist wesentlich schwerer, als es von Anfang an richtig zu machen.)
Du möchtest wissen, wo Dein Kind im Leselernprozess steht und wie Du es mit Spielen und motivierendem Material fördern kannst? Finde es heraus!
Wie kann mein Kind Buchstaben lernen?
Wie unterstütze ich mein Kind, wenn es Buchstaben lernen möchte? Was muss ich beachten?
Wirklich beachten musst Du nur eines: Sprich die Buchstaben aus, wie sie sich anhören.
Dazu brauchst Du auch keine komplexe Lauttabelle.
Du sprichst das „e“ einfach so aus, wie in dem Wort, über das ihr gerade sprecht.
Wenn Du faul bist, wie ich, und gerne nettes vorbereitetes Material benutzt, empfehle ich „Die Lesegrundschule„. Die ist klar, kommt auf den Punkt, ist spielerisch aber dennoch (wenn man will) sehr zielgerichtet. Die Ansage, dass Dein Kind in 5 Tagen damit lesen kann, solltest Du nicht zu ernst nehmen – gib ihm die Zeit, die es braucht. Das Material ist trotzdem gut.
Das kannst du tun, um Dein Kind beim Buchstaben-Lernen zu unterstützen:
📗 Anbieten!
📗 Buchstabenmaterial verwenden (Groß- und Kleinbuchstaben).
📗 Buchstaben hinlegen und den Laut dazu sprechen.
📗 Buchstaben aufschreiben und Dein Kind lesen lassen.
📗 Dein Kind auf Buchstaben zeigen lassen und selber vorsprechen.
Dein Grundschul-Kind hat noch nicht alle Buchstaben abrufbar im Kopf?
Wichtig ist: Je früher Dein Kind alle Buchstaben auswendig abrufen kann, desto schneller kann es den nächsten Schritt gehen (das sicherere Zusammenziehen von Lauten zu Silben).
Um herauszufinden, welche Buchstaben Dein Kind schon kann, benötigst Du lediglich – genau- Buchstaben.
Im Video zeige ich Dir, wie ich mit einem kleineren Kind das Buchstabenspiel spiele. Für ein Kind im Vorschulalter ist das ein lustiges Spiel, mit dem es die Buchstaben kennenlernt.
Wie Du hörst, lautiert das Kind die Buchstaben. Das ist wichtig, um später aus Buchstaben Wörter zu bilden.
Wie Du auch siehst, mache ich zwei Stapel – einen mit den sicher gekonnten Wörtern. Auf den anderen kommen die, bei denen das Kind nachgedacht hat oder sich nicht sicher in der Aussprache war.
Die Buchstaben des zweiten Stapels kannst Du dann entsprechend intensiv üben (nicht bei Kindergartenkindern 🙂 ).
Mein Kind tut sich sehr schwer mit dem Lernen von Buchstaben
Wenn Dein Kind ein sehr strukturiertes Programm zum Leseaufbau braucht, oder Du lieber nach System vorgehst, empfehle ich das IntraAct Plus [2]. Das Programm gibt es inzwischen auch als App.
Es geht sehr systematisch vor, ist klar und ablenkungsfrei ohne Tüddelüt. Das kommt insbesondere ungeduldigen Kindern, die schnell Erfolge sehen wollen und anfällig für Ablenkungen sind, sehr entgegen.
- In der Lernbegleitung 360° bin ich für Dich da. Fundiert, spielbasiert und auf den Punkt. Weil Deine Zeit kostbar ist und Dein Kind es verdient hat, dass die Nachmittage vor allem zum Spielen da sein dürfen. Um die Schule kümmern wir uns gemeinsam – wenn immer möglich, indem wir spielend fördern, die Hausaufgaben nutzen oder bei Extra-Aufgaben ganz konkret auf den Punkt üben.
Stufe 4: Buchstabenweises Erlesen/ Zusammenschleifen von Buchstaben
In dieser Phase beginnt Dein Kind, die Buchstaben zusammenzuschleifen (Synthese). Diese Phase kann lange dauern – es ist ein großer Schritt! Hier kannst Du Dein Kind unterstützen, indem Du ihm das Prinzip des Zusammenschleifens (Synthetisierens) immer wieder verdeutlichst. Am besten anhand kleiner Silben oder sehr kurzer Wörter wie Oma, Opa oder Mama.
Für das erste Lernen ist ein Bild von einem Zug mit Wagen, die aneinander gekoppelt werden, hilfreich. Oder Magnete, die die Buchstaben zusammenziehen.
Achtung, im Video sagt das Kind die Buchstaben noch an: „ein m, ein a – ma“, das ist am Anfang noch normal und verliert sich mit der Zeit. Idealerweise sagt Dein Kind das ohne „ein“. Also „m“-„a“ – „ma“.
Du kannst auch üben, indem Du je einen Konsonanten (z.b. M, F, L, P) mit den Vokalen als Leseleiter verbinden lässt. Ich führe den Finger und erkläre dem Kind, es soll den Laut solange sprechen, bis der Finger am nächsten Laut ist und diesen dann gleich sprechen.
Wie kannst Du diese Phase unterstützen?
📗 Kurze Silben aus bekannten Buchstaben legen: MA ME MI MO MU
📗 Leichte (lautgetreue) Wörter anbieten OPA OMA POPO
📗 mit dem Finger mitlesen
Stufe 5 und 6: Wörter lesen/ Automatisieren von Teilprozessen
Wenn Dein Kind das zusammenschleifen (Synthese) der Buchstaben verstanden hat, geht es darum, das Erlernte zu vertiefen. Auch hier ist es sehr sinnvoll, auf der entsprechenden Ebene zu üben. Es macht beispielsweise keinen Sinn, dem Kind das Wort „Koryphäe“ zum Lesen zu geben (ja, ich überspitze 😃 ), wenn es noch Schwierigkeiten hat, Silben zusammenzuziehen.
An vielen Schulen gibt es die „jeden Tag 10 Minuten Lesen“-Aufgaben – indem Du Deinem Kind in dieser Zeit Material auf seiner Lesestufe anbietest, kannst du es sinnvoll unterstützen:
📗 Silbenlesen – Materialideen
📗 Blitzlesen (kleine, häufige Wörter wie und, du ……)- Material gibt es hier jede Menge kostenlos
📗 Wortdosen (Wortverständnis, Lernen komplexerer Laute wie Ei/ Pf…. ) – sind hier schön erklärt.
Weiterführende Artikel und Links
Der Einfluss der Lesefähigkeit auf den Schulerfolg: Besser in der Schule durch Lesetraining?
Wie lerne ich mit meinem Kind? Eltern in der Lehrerrolle
Ab in die Praxis! Seminare für Lerntherapeuten, Lehrer und Eltern, die es selbst in die Hand nehmen wollen.
(Online)Angebote für Eltern: Lernkompetenztraining (Konzentrationstraining für Grundschüler), Lernstandsanalysen, Beratung
Inspirationen zum Lernen mit Spielen und Erklärbären findest Du auf meinem youtubekanal.
Literatur
*Links siehe unten, Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen
[1] Valtin, Renate (1997) Stufen des Lesen- und Schreibenlernens. Schriftspracherwerb als Entwicklungsprozeß. In: Haarmann, D. (Hg.) Handbuch Grundschule. Weinheim u. Basel: Beltz, 76-88
[2] Jansen, Streit, Fuchs (2012), Lesen und Rechstschreiben lernen nach dem IntraAct Plus-Konzept, Springer Verlag
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Ich habe zwei Fragen, auf die ich irgendwie nirgends eine Antwort finde:
1. Was erlernen die Kinder in der 1. Klasse zuerst – das Lesen oder das Schreiben?
2. Ich weiß um die einzelnen Schritte des Lesen-Lernens und auch um die einzelnen Schritte des Schreiben-Lernens.
Aber bringe ich erst das eine und dann das andere bei (also erst lesen, dann schreiben bzw. erst schreiben, dann lesen) oder bringe ich beides parallel bei?
(Hintergrund ist, dass ich bei einem 12-jährigen 6-Klässler nochmal ganz von vorn alle Schritte des Lesen- und Schreiben-Lernens durchgehen muss, um zu sehen, woran seine Schwierigkeiten liegen.)
Danke für eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Nilßon
Liebe S.
Die Kinder lernen beides zusammen – der Prozess ist fließend.
Wenn Du wissen möchtest, wo Dein Kind beim Lesen steht, hilft Dir die Leseanalyse weiter https://lerntherapie-beneken.de/lernstandsanalyse-lesekompetenz
Beim Schreiben kannst Du im Prinzip genauso vorgehen: Überprüfen, ob die Buchstaben automatisiert sind (Buchstabendiktat).
Wenn Du dabei begleitet werden möchtest, ist die Lernkompetenzcommunity das richtige Programm für Dich https://lerntherapie-beneken.de/lernen-lernen-lernkompetenz-community
Liebe Grüße!
Dina
Mein Sohn tut sich beim Lesen unheimlich schwer. Deshalb gehen wir auch zu einer Logopädie. Schön zu sehen, dass das lesen stufenweise gelernt werden sollte.
Hallo!
Wo finde ich die erste Quelle?
[1] Valtin, Renate (1997) Stufen des Lesen- und Schreibenlernens. Schriftspracherwerb als Entwicklungsprozeß. In: Haarmann, D. (Hg.) Handbuch Grundschule. Weinheim u. Basel: Beltz, 76-88
Vielleicht können sie mir sagen, wo ich diese Quelle finde oder kaufen könnte.
Liebe Grüße
Liebe Tabea, ich habe es auf Ebay gesehen oder würde es in einer Fachbibliothek probieren. Viel Erfolg! LG Dina