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Praxisfrage: Sollte bei schlechter Handschrift auf Tastatur(schreiben) umgestellt werden?
„Hallo, ich habe eine Handschriften- und Rechtschreibfrage: Meinem Sohn (3. Klasse Grundschule) wird immer wieder von der Lehrerin empfohlen, dass er das 10-Fingersystem am PC lernen soll. Und es ihm dadurch besser gelingen würde, eine leserliche Hausübung zu haben. Für mich klingt das eher überfordernd. Gibt es hierzu Meinungen?“
„Hi, ich hab auch eine Frage: mein Sohn übt gerade mit Mühe eine leserliche Schreibschrift, Schritt für Schrittchen kommen wir voran. Nun hat seine Lehrerin uns empfohlen aufs Tablet umzusteigen … mmh, was meinst Du dazu?“
In schöner Regelmäßigkeit kommt diese Frage auf meinen Schreibtisch – die Lehrkraft schlägt Eltern vor, den Kindern die Schreibschrift zu erlassen und stattdessen aufs Tablett auszuweichen. Die Begründung für das Schreiben mit der Tastatur schon im Grunschulalter ist:
- Die Handschrift sei nicht leserlich.
- Das Kind habe (fein)motorische Probleme.
- Bei LRS ist das ein Nachteilsausgleich, dann nutzen wir das doch.
Das dahinterstehende Problem ist oft eine Mischung aus
- Das Kind hat noch Schwierigkeiten mit der Schreibtechnik (Schmerzen, die Schrift ist nicht automatisiert, die Formen der Buchstaben noch nicht klar, es drückt zu stark/ zu wenig auf….).
- Das Kind hat ein Motivationsproblem und entwickelt eine Abneigung gehen das Schreiben.
- Diese Abneigung wirkt sich auf alles schulische Lernen aus: Hefteinträge fallen schwer, in Aufsätzen werden Wörter gespart, die Texte wimmeln vor Rechtschreibfehlern.
- Es dauert alles unendlich lang und die Zeit reicht vorne und hinten nicht.
- Die Hausaufgaben sind ebenfalls mit Schreiben verbunden und zuhause geht das Drama weiter.
Leider eine Tatsache: Viele Schüler haben Probleme mit der Handschrift – aber warum?
Das ist kein Geheimnis und liegt meiner Meinung nach schlicht daran, dass in den Schulen der Stellenwert der Handschrift, insbesondere der verbundenen Handschrift (Schreibschrift) nicht mehr so hoch hängt wie es einmal war. Zudem werden in praktisch allen Grundschulen in Deutschland zwei Schriftarten in den ersten beiden Klassen gelehrt: Zuerst die Druckschrift, danach (mit Glück!) eine zusammenhängende Schrift, wie beispielsweise die Schulausgangsschrift. Verschärfend kommt der Wahnsinn dazu, dass
- die verbundene Handschrift („Schreibschriftlehrgang“) oft eine freiwillige Aktion der Kinder bleibt („freiwillig in der Freiarbeit erarbeiten“).
- es kaum Übungszeit gibt, weil die Druckschrift weiter verwendet wird, bis „der Schreibschriftlehrgang abgeschlossen ist“. (Das bedeutet, dass die Kinder oft über 1 Jahr Druckschrift automatisieren, um dann nach 1,5 Jahren ihre einigermaßen funktionierende Schrift durch eine gerade mal ein paar Stunden geübte zweite Schriftart komplett ersetzen müssen. Kein Wunder, dass die erstmal wieder holprig ist und stockend).
- die modernen Arbeitshefte eine Fülle von Lückentexten bieten und es kaum noch Hefte gibt, in die die Kinder selbst hineinschreiben. Selbst in den „Nebenfächern“ wird fleißig eingeklebt, statt sich Zeit für saubere Hefteinträge genommen.
Du möchtest mehr dazu wissen? In diesem Video spreche ich mit Siegbert Rudolph, dem Lesekoch, über den Schreibschriftunterricht in seiner und meiner Schulzeit und wie ich es in der Schulzeit meiner Kinder erlebe.
YouTube/ Lernräume Dr. Dina Beneken
Kurzum – der Lehrplan ist voll, es fehlt die Zeit für eine saubere Implementierung der Grundlagen. Dann passiert genau das: Das Kind hat Anfang/ Mitte der dritten Klasse eine Sauklaue, kann seine eigene Schrift nicht lesen, die anderen können seine Schrift nicht lesen, Schreiben wird zum Horrortrip und weil man ja ständig schreiben darf in der Schule und bei den Hausaufgaben sind alle Beteiligten „durch“. Das Thema nervt.
Packen wir es an, die Handschrift nervt, also lassen wir es!
Und wenn etwas nervt, dann möchte man es loswerden. Verständlich. Also schauen wir, was wir anders machen können. Heutzutage tippen ja alle überall und immer, also warum nicht gleich von Anfang an? Lass uns das mal genauer ansehen, was das in der Praxis bedeuten würde.
Die Umstellung von Handschrift aufs Tippen in der Praxis
Handschrift oder Tippen – dazu gibt es bereits unzählige Artikel. In diesem Artikel geht es mir darum, die praktische Umsetzbarkeit des Schreibens mit der Tastatur in der Grundschule zu beleuchten. Denn allzu oft werden Eltern mit dem Vorschlag, dem Kind durch digitale Helferlein aka tastaturfähigen Endgeräten, meistens Tablets, die Handschrift zu erlassen, alleingelassen. Wie soll man eine Entscheidung treffen, deren Auswirkungen gar nicht klar sind? Also gehen wir in die Umsetzung und schauen uns die einzelnen Punkte einmal genau an:
Tastatur statt Stift – was die Umstellung in der Praxis bedeutet
Das Tagesgeschäft in der Schule sind Hefteinträge, Gruppenarbeiten, Prüfungen und Hausaufgaben. Für all diese Situationen muss es möglich sein, dass das Kind nachteilsfrei, sprich genauso flott wie seine Klassenkameraden, Notizen, strukturierte Einträge und Mitschriften erstellen, sowie schriftliche Prüfungen ablegen kann.
Die Vorteile von tastaturgeschriebenen Texten liegen auf der Hand:
Das Schriftbild ist eindeutig, lesbar von Kind und Lehrperson, keine Interpretation der Buchstabenformen notwendig, ein a ist ein a. Fehler lassen sich leichter finden, Wortbilder leichter einprägen als in Krakelschrift produzierte Texte.
Damit gehen Korrekturen leichter von der Hand und man erspart sich Diskussionen über die Rechtschreibung. („Das ist doch ein „a“ 😉 )
Vorraussetzungen für den Wechsel auf die Tastatur
Das passende Endgerät: Laptop oder Tablet? Als erstes brauchen wir ein Endgerät, das dem Kind dauerhaft zur Verfügung steht. Sowohl in der Schule als auch bei den Hausaufgaben, denn das wird in Zukunft sein Schreibgerät sein. Hier ist zu klären, welches Gerät angeschafft wird, wer die Kosten trägt und wie es versichert ist. Wem gehört das Gerät?
Dem Kind muss eine flüssige Tastaturschrift gelehrt werden
Denn das ist ja der Grund, warum es von der Handschrift wechselt: Sie ist zu langsam, es kommt nicht hinterher, niemand kann es lesen. Damit die Tastatur hier wirklich und dauerhaft die Nase vorn hat, braucht es eine saubere Einführung in das 10-Finger-Tippsystem, viel Übungszeit und einen Menschen, der das begleitet. Wer wird dieser Mensch sein? Wann wird das Kind üben und mit welchem Programm? Wird das während der Schulzeit stattfinden? Wer ist dafür verantwortlich? Welche Tippgeschwindigkeit ist das Ziel?
In diesem Alter möchte ich Tippgeschwindigkeit und Schreibgeschwindigkeit noch gar nicht vergleichen. Jetzt geht es darum, seine Gedanken zu Papier zu bringen, und das einigermaßen flüssig – das ist das primäre Ziel. Bei einer Umstellung auf die Tastatur muss auch klar sein: Erstmal wird das Kind wieder deutlich an Geschwindigkeit gegenüber seiner jetzigen Handschrift verlieren. Bis es einigermaßen flüssig tippen kann, werden ein paar Wochen bis Monate ins Land gehen. Wie wird dieser zusätzliche Zeitverlust abgefangen, damit er nicht für zusätzlichen Frust sorgt?
Das Kind muss die Tastatur samt anhängendem Gerät von nun an nutzen wie andere den Stift
Das versteht sich von selbst. Ist dafür gesorgt, dass das Kind in sämtlichen Unterrichtsstunden und Prüfungen statt Papier und Stift nun mit dem elektronischen Gerät schreibt? Gibt es Ersatz, wenn das Gerät ausfällt, z.b. in einer Prüfung? Wer sorgt dafür, dass das Gerät immer geladen ist und wer nimmt sich regelmäßig Zeit, dem Kind technische Hürden zu nehmen?
Es ist essentiell, dass das Kind Zeit bekommt (und dabei eine Begleitung) mit dem Tablet oder Laptop umzugehen und damit zu arbeiten. Es braucht ausreichend Zeit für eine gründliche Einarbeitung, damit das Kind das Gerät ohne Zeitverluste nutzen kann. Wer ist dafür verantwortlich? Können alle Beteiligten Lehrpersonen in der Schule und die Eltern bei den Hausaufgaben diesen Prozess unterstützen? Welche Programme dürfen/ müssen auf dem Gerät installiert sein? Wie ist sichergestellt, dass das Gerät in allen Prüfungen genutzt werden kann?
Die Sache mit den Lerntechniken und der Struktur
Wenn man nur noch digital arbeitet, hat man neue Herausforderungen: Wie organisiert man die Ablage? Wie lernt man auf Tests und Prüfungen? Texte mit Textmarkern zu bearbeiten, Notizen machen, das Heft schnappen und beim Spazierengehen im Wald für die Prüfung lernen – das sind Beispiele für „übliche“ Lerntechniken und Methoden, die in der Schule vermittelt werden.
Wie lernt Dein Kind aber die passenden digitalen Lernmethoden, die es einsetzen kann, wenn andere ihr Heft durchblättern? Wird die Rechtschreibkartei auch in der digitalen Variante in der Schule vermittelt und geübt? Wie findet sich Dein Kind in seiner digitalen Mappe zurecht? In welcher Form sollen Hausarbeiten abgegeben werden – digital oder gedruckt? Stehen an wichtigen Stellen dann Drucker zur Verfügung?
Ist die Nutzung der Rechtschreibkorrektur eine Kompetenz, die vermittelt werden soll/ darf? Wie lernt man, digitale Texte aufzubauen und zu strukturieren (Konzeptarbeit)? In digitalen Texten kann man seine Gedanken auch im Nachhinein besser strukturieren – ist das dann ein „Trick“ oder erlaubt und gewollt?
Die Sache mit den Arbeitsheften und – Arbeitsblättern
Wie ist das schulische Lernen bisher organisiert? Gibt es Arbeitshefte und Arbeitsblätter? Es ist ein überhaupt nicht zu unterschätzender Aufwand, diese entsprechend anzupassen, sodass die in einem Textprogramm bearbeitbar sind. Selbst wenn die Vorlagen als Textdatei vorliegen, müssen sie nocheinmal überprüft werden auf passende Abstände in den Lücken und so weiter – sie sind ja auf Handschrift ausgelegt.
Die Umgebung – klappernde Tastaturen?
Das mag sich wie ein Luxusproblem anhören, aber: wenn das Kind eine externe Tastatur benötigt, wie geht der Rest der Klasse mit den Tippgeräuschen um? Könnte das ein Problem werden? Wenn ja, wer „steckt dann zurück“?
Und danach? Die weiterführende Schule und die Art des Schreibens
Ein Punkt, der entscheidend ist: Was ist denn ab Klasse 5? Kann das Kind sicher sein, dass es auch dort sämtliche Schreibarbeiten am Laptop oder Pad erledigen kann oder wird das ein Problem?
Nicht zu vergessen: Medienerziehung und verantwortliche Nutzung des Gerätes
Ein Pad oder Laptop ist natürlich toll zum Schreiben. Und es kann noch soviel mehr! Welche Programme/ Apps dürfen auf dem Gerät installiert werden? Wie ist die Nutzungsdauer der einzelnen Apps, wer ist dafür verantwortlich, dem Kind einen verantwortungsbewussten Umgang mit diesem Medium zu ermöglichen? Ist Internetzugang möglich? Wer kontrolliert Nutzungszeiten und Inhalte? Stellt man Regeln auf, wie wird sich um die Einhaltung bemüht? Wer hat Zugriff auf die Sicherheitseinstellungen und kann diese bei Bedarf anpassen?
Aus Erfahrung ist dieser Punkt nicht zu vernachlässigen. Ein Schulgerät hat unter Umständen den Nachteil, dass Eltern darauf keinen Zugriff haben und wenig reglementieren können (außer das Gerät wegzunehmen). Eine klare Regelung in der Schule kann ebenfalls sinnvoll und wichtig sein – die Ablenkungsgefahr ist immens hoch, während des Tippens dann doch mal eine Runde mit dem Taschenrechner zu spielen, nur um sich abzulenken. Oder vielleicht doch ein paar Videos schauen, wenn man in der letzten Reihe nicht auffällt?
Wenn Arbeit / Schule und Spielspaß auf einem Gerät sind, ist es Zeit für ganz konkrete Medienerziehung. Diese Verantwortung kommt mit dem Gerät. Wie spielen Schule und Elternhaus hier zusammen?
Eine Entscheidung mit Folgen
Völlig unabhängig von wissenschaftlichen Diskussionen pro und kontra Handschrift bleibt also die praktische Umsetzung und der Blick in die nahe Zukunft. Er lässt sich auf 3 Punkte reduzieren:
- Wie wird das Kind befähigt?
- Ist die Umsetzung in Schule und Elternhaus machbar?
- Ist die Entscheidung für das Kind auch in 3 Jahren nach tragfähig und kein Nachteil?
Neu lernen oder Durchhalten – ein Wort zur Motivation
Die Entscheidung, auf eine Tastatur auszuweichen, bedeutetet auch: Wieder etwas neu lernen, wieder etwas aufgeben, wieder hintendran sein.
Denn: Ein Umstieg aufs Tablet mag erst mal nett klingen. Aber einfach ist es nicht, wie man aus den obigen Ausführungen ja sieht. Es bedeutet für das Kind
- eine Fähigkeit neu lernen. Das kostet Extra-Zeit und Extra-Mühe. Und nein, ein 10-Finger Tippkurs geht nicht mühelos von der Hand, nur weil er im Internet verfügbar ist. Auch hier gilt: langweilige Übungen, die man einfach durchhalten muss.
- Extrazeit investieren. Wenn nicht die ganze Klasse aufs Tablet umgestellt wird, muss das Kind alleine, ohne Klassenverbund etwas zusätzlich ganz von vorne lernen.
- Anders sein. In dem Moment, in dem die Entscheidung für die Tastatur fällt, muss das Kind sie konsequent nutzen – damit ist es wieder anders als die anderen, und zwar richtig. Wer darf schon einen Computer in Prüfungen nutzen? Kann das Kind damit umgehen? Wer begleitet es dabei feinfühlig und stärkt es für den zukünftigen Lebensweg?
- Vermittlung von Kompetenzen: Wie schnell geben wir (Deine Handschrift) auf? Oder lohnt es sich, durchzuhalten?
Fragt man Menschen, die flüssig Maschinenschreiben können, aka das 10-Fingersystem beherrschen, so dauert das halbwegs sichere Beherrschen seine Zeit. Zeit, in dem man langweilige Buchstabenkombinationen übt. Die Übungen sind alles andere als motivierend – der Tenor derjenigen, mit denen ich darüber im Gespräch war, war eindeutig: „Ich bin froh, dass ich durchgehalten habe“. Das sollte man also unbedingt berücksichtigen, wenn das Kind neben dem motorischen Handicap auch ein Durchhalteproblem zeigt.
Zitat von Siegbert Rudolph
Als jemand, der 10-Finger-blind wie eine sehr gute Sekretärin tippen kann, will ich einige Anmerkungen machen:
Ich glaube, man braucht mindestens ein halbes Jahr, bis man einigermaßen flüssig tippen kann. Und dann müsste man täglich üben. Die Übungen sind stinklangweilig: a s d f leer j k l ö, und das ein paar Minuten lang und am nächsten Tag nochmal usw.
Wenn man die Rechtschreibung nicht beherrscht, und beim Tippen darüber nachdenkt, ist keine Zeit gewonnen, nur rudimentäre Lesbarkeit, mit der auch ein Korrekturprogramm Probleme haben dürfte.
Fazit: Wenn man die Handschrift auslässt und gleich zum Tippen geht, wiederholt man nur den grundsätzlichen Fehler in der Lehre, dass nämlich die Grundlage nicht gefestigt, sondern übersprungen wird.
Siegbert Rudolph –https://der-lesekoch.de/
Nicht zuletzt ist die Motivation der Lernbegleiter ein Punkt, den man hinterfragen muss. Warum erscheint dieser anstrengende Weg als zielführend? Schauen wir uns also noch Alternativen an:
Aternativen zur Umstellung auf die Tastatur
Die Umstellung vermeiden lässt sich, indem man die Zeit darin investiert, dem Kind eine saubere Handschrift zu ermöglichen. Mit gezieltem Handschrifttraining ist das in der Regel möglich.
Die Vorteile eines sicheren Handschriftererwerbs:
- Das Kind ist unabhängig von technischen Hilfsmitteln.
- Die Lehrpersonen sparen eine Menge Kommunikationsaufwand – Zeit, die in gezieltes Handschrifttraining gesteckt werden kann.
- Keine herausragende Sonderrolle für das Kind in der Klasse.
- Das Gefühl, etwas geschafft zu haben: Mühe lohnt sich, ich habe nicht aufgegeben – unbezahlbar.
Handschrifterwerb hat auch viel mit Lernkompetenz zu tun. Es ist eine mechanische Handlung, die Übung erfordert. Wenn man es genug trainiert hat, wird man mit einem leserlichen Schriftbild belohnt. Das nimmt einem keiner mehr weg.
Handschrift ODER Tastatur?
„Zudem haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen positiven Zusammenhang zwischen dem Tastaturschreiben und der Handschrift festgestellt: Wer in der Lage ist, flüssig mit der Hand zu schreiben, kann dies auch meist gut mit der Tastatur – wenn beide Techniken erlernt wurden (Feng et al., 2019). Demzufolge profitieren Personen, die beide Techniken beherrschen, doppelt. Deswegen ist es besonders gewinnbringend, wenn Schülerinnen und Schüler nicht entweder nur die Handschrift oder das Tastaturschreiben lernen, sondern beide Techniken.“
(https://www.stiftung-mercator.de/de/publikationen/handschrift-in-der-digitalisierten-welt/)
Womit wir bei einem sehr wichtigen Punkt wären: Die grundsätzliche Einführung der Tastatur für alle Schülerinnen und Schüler wäre super wünschenswert. Für alle, gemeinsam und nicht als Nachteilsausgleich. Schritt für Schritt.
Fazit: Tastatur als Zaubermittel gegen das Handschriftdrama?
Natürlich ist die Vorstellung verlockend, dass das Kind lächelnd vor der Tastatur sitzt und mal eben einen 5 seitigen Aufsatz runtertippt. Wahrscheinlich hast Du schon beim Lesen der letzten Zeile den leisen Verdacht, dass dieses Ziel nicht ganz so nah liegt, wie Du es Dir am Anfang vielleicht gedacht hast.
Bevor wir die Handschrift still und leise einfach aufgeben, sollten wir uns fragen:
- Haben wir dem Kind wirklich genug Zeit gegeben, die Handschrift zu lernen?
- Haben wir selbst genug Zeit investiert, dem Kind für sein Niveau passende Übungen zu präsentieren?
- Ist die Tastatur nur die vage Hoffnung, mit einem neuen Tool ein altes Problem zu bekämpfen?
Es geht nicht um Entweder-Oder, es geht um das richtige Timing. Die Handschrift hat viele Vorteile – neben der Unabhängigkeit von technischen Geräten färdert sie die kognitive Entwicklung, Konzentrationsfähigkeit und Feinmotorik. Das alles sind Fertigkeiten, die Grundschülern so oft abgesprochen werden, die aber so wichtig sind im Leben. Warum also diese ganz natürliche, zusätzliche Trainingsmöglichkeit aufgeben?
Also, was tun? Ein gezieltes Handschrifttraining, um die Probleme zu beseitigen, danach gezieltes Üben und Einsatz der Handschrift im täglichen (Schul)leben, um die Fährigkeit zu vertiefen und festigen. Und wenn dann alles sitzt, systematisch die Tastatur einführen. Idealerweise in der Schule, aber das ist dann ein anderes Thema.
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Weiterführende Artikel
Warum eine flüssige Handschrift für den Schulerfolg wichtig ist
Wie kannst Du Deinem Kind bei der Rechtschreibung helfen?
Die Sache mit der Motivation: Wie kann ich mein Kind motivieren, an seiner Handschrift zu üben?
passende Artikel aus dem Expertennetzwerk Kompetenzzirkel Lernen:
Ilka Kind: Was macht eine gute Handschrift aus?
Melanie Knapp: Welche Schreibschrift lernt mein Kind?
Mein Gastartikel zum Thema bei wachsenlernen.de Schreibschrift? Druckschrift? Gleich an den PC?
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Vielen Dank für diesen wertvollen Blogbeitrag. Ein Augenöffner! Kleiner Exkurs: Ich werde auch oft gefragt, ob es reicht, Vokabeln zu tippen, statt mit der Hand zu schreiben. Da kommt noch hinzu, dass Wörter im Bewegungsgedächtnis gespeichert werden, es wird also eine Art Motorikspur hinterlassen. Für das Erinnern ist also auch Schreiben mit der Hand besser.
Ja liebe Diana, die Frage kommt, sobald die 5. Klasse losgeht. Vokabelapps werden gesucht, das Vokabelheft wird diskutiert und bei allem geht der Blick auf die Grundlagen verloren. Es geht nicht darum, Vokabeln „abzuradeln“, sondern sie zu verinnerlichen. Der Witz des Tages sind für mich Apps, die versuchen, die Bewegung durch Wischbewegungen nachzustellen. Witzig. Man könnte ja auch einfach, sagen wir mal ganz gewagt: schreiben. Mit der Hand. Dabei bewegt sich ja auch einiges. Und zwar an der Stelle, an der man es wirklich braucht, wenn man darüber geprüft wird.
Ja, so ist es!
Zitat aus dem LehrplanPLUS Bayern, Seite 32:
„In der Grundschule erhalten die Schülerinnen und Schüler durch Unterstützung (z.B. von der Lehrkraft oder Mitschülerinnen und Mitschülern) bereits ab Schulbeginn die Möglichkeit, eigene Texte (Wörter, Sätze) zu verschriften, um ihnen die Bedeutung von Schrift für die Kommunikation eigener Erfahrungen anschaulich zu machen und eine grundlegende Schreibmotivation aufzubauen. Die Lehrkraft ergänzt die Texte der Schülerinnen und Schüler im Anfangsunterricht durch die regelgerechte Schreibweise und zeigt so die Unterschiede zwischen der Schreibung des Kindes und der rechtschreiblichen Schreibweise auf. Sie wirkt von Anfang an darauf hin, dass normgerechte Schreibungen nach dem im Lehrplan vorgesehenen Prinzipien systematisch eingeübt werden.“ Andere Lehrpläne enhalten sicher ähnliche Passagen.
Weil man glaubt, die Kinder durch das Scheiben eigener Texte überzeugen und motivieren zu müssen, schmeißt man die notwendige Systematik und Reihenfolge des Lernens über Bord und beginnt mit dem Schreiben nach Gehör und der Druckschrift. Auf so eine verquere Logik kommen nur Reformpädagogen. Zum Ergebnis dieser Fehlentwicklung passt das, was ich gerade gelesen habe: „Schleswig-Holstein schafft Fehlerquotienten bei Aufsätzen ab“. Das ist nur konsequent. Rechtschreibung verliert an Bedeutung. Das schreibe ich inzwischen fast ohne Emotion, aber schon mit etwas Resignation.
Es ist leider seit Jahrzehnten so, dass bei auftauchenden Problemen durch Verschlimmbesserungen (wie die überstürzte Einführung des „Schreiben nach Gehör“, das übrigens von Herrn Reichen ganz anders gemeint war, wie es umgesetzt wurde – eine doppelte Katastrophe, denn es handelt sich um ein LESELERNPROGRAMM, seufz), lediglich neue Pflaster gesucht und versuchsweise geklebt werden, anstatt einmal mit kühlem Kopf eine Ursachenanalyse zu machen.
Wie es in jedem wirtschaftlich arbeitenden Unternehmen geschehen sollte: Warum haben wir uns hier reingeritten und was bringt uns wieder raus?
Aber nein. In der Bildung wird einfach mal das nächststehende Pferd gesattelt und geritten. Die Kinder und Eltern baden es aus (und die Lehrpersonen auch – die haben nämlich mitunter gar keine Wahl, wie sie unterrichten dürfen. Ein Trauerspiel ohne Ende.